Wohnungs- und Mietenpolitik der Bundesregierung
20. September 2010 14:34Mieterbund-Präsident Dr. Franz-Georg Rips:
Widersprüchlich: Sparpolitik und Energiekonzept
Ungerecht: Wohngeldkürzungen treffen Einkommensschwächste
Kurzsichtig: Streichungen bei der Städtebauförderung stoppen Investitionen
(dmb) „Die aktuelle Wohnungs- und Mietenpolitik der Bundesregierung ist für mich widersprüchlich, ungerecht und kurzsichtig“, erklärte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Dr. Franz-Georg Rips, auf einer Pressekonferenz der Mieterorganisation in Potsdam. „Die angekündigten und im Rahmen der Haushaltsberatungen vorgestellten und diskutierten Einsparungen beim Wohngeld, der Städtebauförderung und dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm sind falsch und müssen wieder korrigiert werden“, forderte er.
Widersprüchlich: Sparpolitik und Energiekonzept
Für die Bundesregierung ist die energetische Gebäudesanierung ein zentraler Bestandteil ihres Konzepts zum Klimaschutz. Gleichzeitig kürzt sie das erfolgreiche CO2-Gebäudesanierungs-programm auf 450 Millionen Euro.
„Das ist falsch, widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Wer Gebäudesanierungen will, wer die Kosten für energetische Sanierungen nicht ins Uferlose steigen lassen will, der muss mehr Fördermittel zur Verfügung stellen als bisher, nicht weniger“, forderte der Präsident des Deutschen Mieterbundes.
Auch Koalitionspolitiker und Bundesminister kritisieren den Sparkurs der Bundesregierung an dieser Stelle als unrichtig, nicht konsequent und fordern eine drastische Aufstockung der Fördermittel:
Bundesumweltminister Norbert Röttgen fordert 2 Milliarden Euro jährlich für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle und Umweltminister Norbert Röttgen verlangen zusammen in dem der Bundesregierung vorliegenden Energiekonzept eine „deutlich bessere Ausstattung für das bewährte Programm“.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Jan Mücke spricht sich für eine Aufstockung auf 3 Milliarden Euro aus.
Und die Deutsche Energieagentur – Gesellschafter sind unter anderem die Bundesministerien für Wirtschaft, Verbraucherschutz, Umwelt und Bau – will eine Förderung in Höhe von 5 Milliarden Euro.
„Offensichtlich weiß die Bundesregierung nicht, was sie will. Energiekonzept und Sparpolitik passen vorne und hinten nicht zusammen. Selbst die Vorstellungen zum Energiekonzept klaffen innerhalb der Bundesregierung meilenweit auseinander“, kommentierte Rips.
Der Mieterbund-Präsident begrüßte zwar die im Energiekonzept genannten Zielvorgaben, wie Nullemission für alle Gebäude bis 2050 und die Verdoppelung der energetischen Sanierungsraten von jährlich 1 Prozent auf 2 Prozent.
„Wer solche Ziele vorstellt, muss aber auch erklären, wie er diese Ziele erreichen will. Welche Kosten fallen an, und wer soll diese Kosten bezahlen? Hinweise der Eigentümergemeinschaft Haus & Grund, die eine Verdoppelung der Mieten erwartet, oder Pläne der Bundesregierung, das Mietrecht, zum Beispiel das Mieterhöhungsrecht, zu ändern, sind sicher nicht zielführend und verhindern eine Umsetzung des Energiekonzepts schon im Vorfeld.“
Ungerecht: Wohngeldkürzungen treffen Einkommensschwächste
Die Bundesregierung will den Bundesanteil für das Wohngeld um 100 bis 130 Millionen Euro kürzen. Die erst 2009 eingeführte Heizkostenkomponente soll ersatzlos gestrichen werden. Für die 800.000 Wohngeldempfänger-Haushalte in Deutschland kann dies zu monatlichen Kürzungen zwischen 10 und 30 Euro führen.
„Die geplanten Wohngeldkürzungen treffen ausgerechnet die einkommensschwächsten Haushalte in Deutschland, insbesondere Rentner-Haushalte und Geringverdiener. Es ist in einem hohen Maße ungerecht, wenn Einpersonenhaushalten mit einem Durchschnittseinkommen von 583 Euro oder Zweipersonenhaushalten mit durchschnittlich 765 Euro ein Teil des staatlichen Zuschusses zum Wohnen gekürzt wird. Diese Haushalte zahlen heute schon 40 bis 50 Prozent ihres Einkommens für die Miete. Ihnen muss geholfen werden, hier gibt es keine Einsparpotenziale“, erklärte Rips.
Die Bundesregierung will diese Wohngeldkürzungen ohne Zustimmung des Bundesrates in Kraft setzen. Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes muss die Länderkammer dagegen eingeschaltet werden.
„Wohngeld wird je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert. Bis heute sind alle Wohngeldgesetze durch Bundestag und Bundesrat beschlossen worden. Außerdem drohen den Kommunen spürbare Mehrausgaben über ALG II, wenn das Wohngeld tatsächlich gekürzt wird. Gesetze, die die Länder unmittelbar tangieren und die Kommunen finanziell belasten, müssen aus rechtlichen und politischen Gründen im Bundesrat beraten werden“, forderte der Präsident des Deutschen Mieterbundes.
Kurzsichtig: Streichungen bei der Städtebauförderung stoppen Investitionen
Die Bundesregierung will die Mittel für die Städtebauförderung halbieren, das heißt um 305 Millionen Euro kürzen. Betroffen von diesen Plänen sind beispielsweise auch die Programme Soziale Stadt, Stadtumbau Ost und Stadtumbau West. Die Kürzungspläne werden nicht nur von den betroffenen Städten abgelehnt, auch die Bauminister der Länder haben zuletzt auf ihrer Bauministerkonferenz die Kürzung der Städtebauförderung scharf kritisiert. Bundesbauminister Ramsauer hatte daraufhin eine Überprüfung der vorgesehenen Kürzungen angekündigt.
„Kürzungen im Bereich der Städtebauförderung sind kurzsichtig und doppelt falsch. Zum einen werden bewährte Instrumente zur Sicherung bezahlbaren Wohnens, zur sozialen Stadtentwicklung und zum Erhalt sozialer Durchmischung von Wohngebieten an die Wand gefahren. Zum anderen fallen Investitionen nicht nur in Höhe der gekürzten Bundesmittel weg. Die Städtebauförderung wird durch die Länder und Kommunen komplementär finanziert, so dass künftig auch diese Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Gleichzeitig löst 1 Euro Städtebauförderung 8 Euro Folgeinvestitionen aus. Das bedeutet, die Städtebauförderung ist ein hocheffektives Investitionsprogramm, schafft Arbeitsplätze und führt zu höheren Steuereinnahmen und Sozialbeiträgen auf Seiten des Bundes. Die Kürzung macht auch ökonomisch keinen Sinn“, erläuterte DMB-Präsident Rips.